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"Ich gebe nicht die Hand" -Bitte nicht berühren!

Aus der Isolation in die Freiheit und das Licht, fühle ich mich wieder wie ein ganzer Mensch, der Teil einer Gemeinschaft ist, als ich das erste Mal wieder an Zusammenkünften der Familie und Freunden teilnehme.

Mein persönliches Comeback wird von allen gefeiert, ich begegne strahlenden Gesichtern, die mich am liebsten umarmen, küssen und nicht mehr loslassen wollen (Information am Rande: Ich würde nichts lieber machen als jede*n Einzelne*n minutenlang zu umarmen und nicht mehr loszulassen.)


Und da ist sie auch schon, diese immer wiederkehrende eine Situation zu Beginn jedes Treffens: das Grüßen. Das Händeschütteln feiert seit Corona wieder sein Comeback, nur für mich natürlich nicht, denn wer wie ich mit einem quasi nicht vorhandenen Immunsystem herumläuft, sieht vor dem imaginären Auge überall Keime. Instinktiv schnellen also meine Arme bei Annäherung von Menschen in die Höhe, gefolgt von den Worten:" Ich mache es so, ich gebe noch nicht die Hand", begleitet von wild nach links und rechts winkenden Händen. Ich lächle verlegen, hoffe auf Verständnis, welches ich von wissenden Personen durchaus auch bekomme, aber begegne auch dem einen oder anderen verdutzten Blick und leichtem Kopfschütteln. "Noch so eine Coronageschädigte", denken sie vielleicht, denn immerhin hat jegliches Ablehnen von Körperkontakt, eine Maske und das Desinfizieren der Hände in der Öffentlichkeit nach wie vor etwas mit Corona zu tun. Nein, es dreht sich eben nicht immer alles um dieses blöde C-Wort, es gibt auch noch andere, gar nicht wenige Erkrankungen, die zur Folge haben, dass sich Menschen wie ich nicht vollkommen frei durch unsere "verseuchte" (entschuldigt den Ausdruck, aber mit Schulbeginn beginnt auch das Rotzen in vielen Haushalten wieder) Gesellschaft bewegen können.


Es liegt ein Hauch von Normalität in der Luft und es hat den Anschein, als ob alles wie vorher ist, ABER in meinem Kopf kämpfen zwei Anteile miteinander: Angst und Freiheit. Während die Freiheit bereit ist sich wieder draußen zu zeigen und am liebsten auf ihrem Einhorn den Regenbogen entlang reitend zu jeglichen Abenteuern aufmachen würde, zieht die Angst an den Zügeln. Ich lache und feiere im Außen, während die Angst mir deutlich macht, dass jeder noch so kleine unsichtbare Keim, der an den Anwesenden klebt, mich nicht nur krankmachen könnte, sondern im schlimmsten Fall für einen erneuten Check-In im Krankenhaus sorgen könnte.

Es ist ein Leben mit angezogener Handbremse und ich frage mich, ob mein Mitfahrer tatsächlich schon mit dem Schleudersitz weit wegkatapultiert wurde oder ob er mir die Angst als Andenken dagelassen hat, die mich stets daran erinnern soll, dass nichts in diesem Leben je wieder "normal" sein wird. Ich erkenne, dass ich meinen Feind zwar geschlagen habe, er jedoch eine große Lücke hinterlassen hat. Normalität wird es so vielleicht nie mehr geben, wenn so etwas passiert ist, andererseits ist dieses Wort sowieso problematisch und was ist denn schon normal heutzutage?



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